Wanderausstellung "Urbane Produktion -- Produktion zurück in die Stadt!?"
Mit der Ausstellung „Urbane Produktion – Produktion zurück in die Stadt?!“ geben wir einen Einblick in das Themenfeld Urbaner Produktion, zeigen Vor- und Nachteile der Herstellung von Produkten in der Stadt, stellen Unternehmen und Gründungen in diesem Bereich vor.
- Was wäre, wenn wir wieder mehr in der Stadt produzieren?
- Was wäre, wenn wir Arbeiten (bzw. Produzieren), Wohnen und Erholen wieder mehr mischen?
- In welchen Bereichen und Branchen macht Produktion in der Stadt Sinn?
Die analoge Wanderausstellung wird in den Jahren 2020/21 zunächst in den Städten Bochum, Herne und Gelsenkirchen in verschiedenen Stadtteilen – mit einem Rahmenprogramm, dass zur Beteiligung und zum Austausch einlädt – gezeigt. Die digitale Version der Ausstellung mit weiteren Informationen, Links, Fotos, Videos und Dokumenten ist auf dieser Seite zu finden.
Über das Forschungsprojekt
Statt Koks, Eisen und Stahl werden in Bochum, Gelsenkirchen und Herne heute Schokolade, Öle und Pesto hergestellt. Auch Pilze, Stoffwindeln, Möbel, Maßschuhe, Gemüse und Käse gehören zu den Produkten, die in anderen Regionen in direkter Nähe von Stadtbewohner*innen produziert werden. Wer, wo, warum und wie in der Stadt produziert, beschäftigt uns seit dem Start unseres Projektes UrbaneProduktion.Ruhr im Jahr 2016. Wir sind ein Verbundprojekt der Institutionen Institut Arbeit und Technik aus Gelsenkirchen, die Urbanisten e.V. aus Dortmund, Hochschule Bochum, Bochum Wirtschaftsentwicklung und Stadt Gelsenkirchen, welches im Rahmen des Forschungsprogramms „Nachhaltige Transformation urbaner Räume“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.
Die Personen dahinter: v.l. hinten: Jan Bunse, Sonja Broy, Annette Bathen; vorne: Hannah Brack, Dajana Schlieter, Kerstin Meyer; Foto (C): Luisa Gehnen.
Materielle Produktion in der Stadt
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die verschiedenen Lebensbereiche Arbeiten, Wohnen und Freizeit durch die Stadtplanung immer stärker voneinander getrennt. Dadurch wurde Produktion an die Stadtränder verdrängt und Fähigkeiten der Stadtbewohner*innen gingen durch die Automatisierung der Produktionsvorgänge oder die Verlagerung in andere Teile der Welt verloren. Nun können mit neuen Fertigungstechniken wie dem 3D-Druck Ersatzteile oder frühe Prototypen wohnortnah und emissionsarm hergestellt werden. Auch in der Architektur von Gebäuden und Mobilität und Logistik gibt es neue Konzepte.
Urbane Produktion beschreibt die Herstellung von materiellen Gütern innerhalb dicht besiedelter Gebiete. Im Idealfall werden lokale Ressourcen und lokale Wertschöpfungsketten genutzt. Die Nähe zu Wohnungen verlangt emissionsarme und ressourceneffiziente Produktions- und Transportweisen, um Nutzungskonflikte mit den Anwohnenden zu vermeiden (Brandt et al. 2017).
Literaturhinweise:
Brandt, Martina; Butzin, Anna; Gärtner, Stefan; Hennings, Gerd; Meyer, Kerstin; Siebert, Sebastian; Ziegler-Hennings, Christiane (2017): Produktion zurück ins Quartier? Neue Arbeitsorte in der gemischten Stadt. IAT- Institut Arbeit und Technik. Gelsenkirchen, Dortmund. Online verfügbar unter https://www.iat.eu/aktuell/veroeff/2017/Produktion-zurueck-ins-Quartier.pdf.
Die Flächenproblematik
Die Orte, an denen emissionsfreie und ressourcenschonende Urbane Produktion stattfinden kann, schwinden.
- Die ehemaligen Industriegebäude des Ruhrgebiets werden häufig nur kulturell oder als Dienstleistungsstandorte nachgenutzt.
- Traditionelles Handwerk steht teilweise unter hohem Flächendruck und findet keinen Nachwuchs.
- Verbleibende Ladenlokale werden zu Wohnungen umgewandelt.
In einigen Städten gibt es Beispiele wie Leerstände zu Orten werden, an denen kreative und zukunftsfähige Produktionsweisen entwickelt werden. Verwaltungsgebäude werden zu offenen Werkstätten, stillgelegte Bunker zu Gärten, Kirchen zu Speisepilzfarmen. Auf selbstgebauten Lastenrädern verteilen Menschen lokal produziertes Gemüse im Stadtgebiet. Menschen schließen sich zu Kollektiven und Genossenschaften zusammen, die sich eine Infrastruktur teilen, gemeinsam Material einkaufen und Produkte vermarkten. Das Selbermachen erfährt eine Renaissance.
Potenziale Urbaner Produktion
Urbane Produktion kann zu einer nachhaltigen und resilienten Stadtentwicklung und kurzen Wegen beitragen. Es gibt zahlreiche Beispiele für produzierende Betriebe, die erfolgreich im globalisierten Weltmarkt bestehen und lokal neue Wertschöpfung erzeugen. Einige davon stellen wir im Folgenden vor.
Stadtteile im mittleren Ruhrgebiet
Das Ruhrgebiet unterliegt nach wie vor dem Strukturwandel und einige Stadtteile sind dadurch besonders betroffen und herausgefordert. Allerdings entstehen durch das Engagement vieler Bürger*innen, Vermieter*innen, Unternehmer*innen, Vereine, Initiativen, Institutionen u.s.w. Möglichkeitsräume für neue Ideen, Visionen und Projekte. In den folgenden Stadtteilen sind wir aktiv, um die Vision der produktiven Stadt zu diskutieren, zu fördern und zu erproben.
Bochum - Langendreer-Alter Bahnhof
Der Stadtteil zeichnet sich durch viele engagierte Unternehmen, Vereine und Bürger*innen aus. 2017 wurde nach fünf Jahren Leerstand die entwidmete Lutherkirche durch das Forschungsprojekt wiederbelebt. In Kooperation mit dem Bahnhof Langendreer, dem Stadtteilmanagement WLAB, der Werbegemeinschaft Langendreer hat’s und weiteren Interessierten wurde ein fünfwöchiges Festival der Urbanen Produktion veranstaltet. Daraus ist 2018 der Verein LutherLAB e.V. entstanden, der sich seitdem engangiert, für den Erhalt des Gebäudes einsetzt und diverse Versanstaltungen und Aktionen zur Nachhaltigkeit initiiert.
Fotos (C): Karsten Höser.
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Bochum - Wattenscheid
In Bochum-Wattenscheid legen wir den räumlichen Fokus auf eine Geschäftsstraße, die stark von Betriebsschließungen, Leerständen und mangelnder städtebaulicher und ästhetischer Qualität gekennzeichnet ist. Durch die Zwischennutzung „WatCraft“ in der Hochstraße 72 im Frühjahr und Sommer 2019 hat das Forschungsprojekt den vernachlässigten Straßenzug zeitweise wiederbelebt und viel positiven Zuspruch erhalten. Es konnten Eigentümer*innen, Betreiber*innen von Ladenlokalen, engagierte Bürger*innen und Anwohnende ermutigt werden, sich an der weiteren Entwicklung der Hochstraße und des angrenzenden Viertels zu beteiligen. Die Initiative Mittendrin, der Biermacher Gerdhard Ruhmann und viele weitere Personen haben sich seitdem bemüht, das Haus Wiesmann (Hochstraße 65) zu erhalten und zu einem Ermöglichungsort für Produktion, Kultur und Stadtteilentwicklung zu machen.
Fotos (C): eigene, Stadtteilmanagement Wattenscheid
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Bochum - Innenstadt
Für die Bochumer Innenstadt werden Möglichkeiten geprüft, kleinteilige Urbane Produktion anzusiedeln und zu erhalten. Insbesondere kleinteilige Urbane Landwirtschaft könnte mit ihren positiven Auswirkungen auf Mikroklima, Luftqualität und städtebauliche Ästhetik einen Beitrag zur angestrebten Erhöhung der Aufenthaltsqualität leisten. Die KoFabrik bietet bereits Raum für Kreative, Büroarbeitsplätze und vielleicht bald auch eine Werkstatt. Welche Rolle Produktion in Zukunft in der Innenstadt spielen kann, wollen wir mit unterschiedenen Akteuren aus Verwaltung, Politik, Unternehmen und Zivilgesellschaft während der Ausstellung erörtern.
Fotos (C): Andreas Molatta; Stadt Bochum, Angelika Wozelaki.
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Herne - Wanne
Mit den Initiativen der Stadt Herne, wie dem Pakt für die Wanner Innenstadt und zukunft. wanne.2020plus, fokussieren sich die Aktivitäten der Stadt Herne erneut auf Wanne. Mit dem Hallenbad greift die Wirtschaftsförderung in den Immobilienmarkt ein, indem sie das Ladenlokal kostenfrei zur Zwischennutzung an Interessierte und Gründende vermietet. Das offene Konzept spricht bereits viele an, sodass auch das Startercenter dort Beratungsangebote veranstaltet. Auch die Herner Gesellschaft für Wohnungsbau mbH (HGW) ist an der Revitalisierung der Wanner Innenstadt interessiert. Herne zeichnet sich bei der Ausbildung von zukünftigen Handwerker*innen durch die Hiberniaschule – eine staatlich anerkannte Schule in freier Trägerschaft, die eine Doppelqualifikation Beruf und Fachoberschulreife bereitstellt –, den Jugendkunstschule Wanne-Eickel e. V. und die Idee ein „Haus der alten Handwerkskünste“ aus. Wir wollen Potenzialflächen in Herne-Wanne für Urbane Produktion identifizieren, lokale Akteure vernetzen und bei der Gründung und Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung unterstützen.
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Gelsenkirchen - Ückendorf
Das Räumliche Strukturkonzept sowie die Rolle Gelsenkirchens als eine von vier digitalen Modellkommunen des NRW-Landesprojektes Digitale Modellregion NRW bieten gute Ausgangsbedingungen, um notwendige Strukturen für Urbane Produktion auf- und auszubauen. Einen weiteren Anknüpfungspunkt stellt der Baustein Urbane Logistik im Green City Plan der Stadt dar, der z.B. das Modellprojekt Elektrifizierung des Gelsenkirchener Handwerks vorsieht sowie den anvisierten Einsatz von Logistikhubs und Mikrodepots. Die nachhaltige Gestaltung der letzten Meile im Logistikbereich ist hier elementar, um Nutzungskonflikte zu minimieren. In Ückendorf geht die Stadt bereits neue Wege der Stadtentwicklung mit der Stadtentwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG (SEG), die Problemimmobilien aufkauft, saniert und einer neuen Nutzung zukommen lässt. Kann dabei auch Urbane Produktion eine Rolle spielen?
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Nahrungsmittelproduktion
Lokale Nahrungsmittelproduktion und -verareitung erfährt nicht zuletzt auch durch die Covid-19-Pandemie erneut großen Zuspruch. Schlechte Arbeits- und Wohnbedingungen für Erntehelfer*innen oder in der Nahrungsmittelindustrie und Abhängigkeiten von globalen Lieferketten zeigen neben Klimawandel, schrumpfenden Agrarflächen und wachsender Weltbevölkerung, dass es z.T. wieder andere Wege für eine resilientere Nahrungsmittelversorgung braucht. Früher gab es noch Bäckereien, Metzgereien, Fleischereien, Mühlen und Molkereien um die Ecke. In Kleingartenanlagen war eine gewisse Selbstversorgung Standard.
Urbane Landwirtschaft, urbanes Gärtnern und lokale Weiterverarbeitung bedeuten heute wertvolle soziale und ökologische Vorteile auch für die Stadtentwicklung: Sie nutzen städtische Brachflächen und somit ungenutzte Ressourcen, um die Lebensmittelproduktion auf kurzem Weg zu den Menschen zu bringen. Wenn sich Produzent*innen und Konsument*innen wieder direkt begegnen, können neue Allianzen entstehen, vernachlässigte Orte wiederbelebt und zu Orten mit hoher Aufenthaltsqualität und hohem Freizeitwert umgestaltet werden. Das dies gelingt, zeigen einige Beispiele.
Vom Abfall zur Ressource – Die Kreislaufwirtschaft in der Pilzzucht
Unser derzeitiges Wirtschaftssystem stützt sich bei vielen Produkten darauf, dass Rohstoffe aus dem Globalen Süden nach Asien zur Herstellung von Konsumgütern geliefert werden, welche dann wiederum zum Verkauf nach Europa, Nordamerika oder Australien transportiert werden, wo sie nur ein paar Jahre verbleiben und als Abfall häufig wieder in andere Länder des Globalen Südens verschifft werden und dort zu langfristigen Umweltschäden und zur Verschmutzung der Weltmeere führen (Diez 2016).
Um ein gerechteres, nachhaltigeres und ökologischeres System aufzubauen, entwickelte die FabCity-Foundation das Modell der Circular Fabrication bzw. globalen Kreislaufwirtschaft.
Die Kreislaufwirtschaft am Beispiel der Pilzzucht.
Grafik: Kreislaufwirtschaft in der Pilzzucht
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Video „Warum wir Kreislaufwirtschaft brauchen“
Literatur und Quellen:
Diez, Tomas (2016): Fab City Whitepaper. Locally productive, globally connected self-sufficient cities. Fab City Global Initiative. https://www.cowerk.org/data/cowerk/user_upload/Dateien/Tomas_Diez_whitepaper_fablab_barcelona.pdf.
Hut und Stiel: Die Austernpilze von heute wachsen auf dem Kaffeesatz von gestern. Abrufbar unter: https://hutundstiel.bigcartel.com/info.
Duden Wirtschaft von A bis Z (2016): Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. Abrufbar unter: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19853/kreislaufwirtschaft.
Brüggemann, Anke (2019): Kreislaufwirtschaft als Schlüssel. Erschienenauf KfW Stories. Abrufbar unter: https://www.kfw.de/stories/umwelt/natuerliche-ressourcen/kreislaufwirtschaft-grafik/.
Gläserne Produktion
Zur Stärkung der Akzeptanz von Produktion in Wohnortnähe und einer Steigerung der Transparenz lassen sich vermehrt gläserne Gebäude finden, die die Produktion für Interessierte zugängig machen und Einsicht in die Prozesse der Produktionsstätten bieten. Es gibt unterschiedliche Varianten gläserner Produktion, die unter anderem das Ziel haben, die Wertschätzung für Produkte zu erhöhen. Bekannte Beispiele sind die Gläserne Manufaktur von VW in Dresden, die Bäckerei Schmidt in Karlsruhe oder die Hafenkäserei Münster.
- Dabei können ‚gläsern‘ produzierende Betriebe als Anziehungspunkte dienen, wenn sie sich in die Umwelt einfügen. Gerade in Erdgeschosslagen kann damit eine gewisse Öffentlichkeitswirksamkeit hergestellt werden.
- Mithilfe von Führungen durch die Gebäude und Produktionsanlagen, wie zum Beispiel bei der gläsernen Bonbonfabrik von Katjes in Potsdam, können Konsument*innen Arbeitsschritte der Produktion verstehen und nachvollziehen.
- Auch durch umfassende Internetpräsenz des Unternehmens auf unterschiedlichen Kanälen lassen sich Lieferketten für die Verbraucher*innen nachvollziehen.
Eine einheitliche Definition des Begriffs gibt es bisher nicht. So versteht das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum in Baden-Württemberg Aktionstage bzw. Tage der Offenen Türen bei landwirtschaftlichen und lebensmittelhandwerklichen Betrieben, aber auch für regelmäßige öffentliche Betriebsführungen wird der Begriff der Gläsernen Produktion verwendet.
Literatur:
Bathen, Annette; Bunse, Jan; Gärtner, Stefan; Meyer, Kerstin; Lindner, Alexandra; Schambelon, Sophia et al. (2019): Handbuch Urbane Produktion – Potenziale | Wege | Maßnahmen. 1. Aufl. 200 Bände. Bochum, S. 60.
Fallbeispiele „Nahrungsmittelproduktion“
Urbane Fabriken
Bei Urbaner Industrie handelt es sich um Fabriken, die in dicht besiedelten Gebieten große Stückzahlen an Waren in Serienfertigung arbeitsteilig mit Maschinen produzieren. Es kann sich dabei um Traditionsbetriebe handeln, die schon seit einigen Jahrzehnten vor Ort sind (ein häufiges Beispiel hierfür sind Brauereien), oder um Neuansiedlungen, die von der städtischen Lage profitieren, wenn sie dort z.B. die benötigten Fachkräfte finden.
Technik
Neue technologische Lösungen wie Cyber-Physische Systeme (CPS) oder 3D-Druck ermöglichen, dass Produktion in der Stadt auf neue Art und Weise möglich wird. Cyber-physische Systeme sind Systeme, bei denen informations- und softwaretechnische mit mechanischen Komponenten verbunden sind, wobei Datentransfer und -austausch sowie Kontrolle bzw. Steuerung über eine Infrastruktur wie das Internet in Echtzeit erfolgen. Dadurch können Waren je nach Auftragsstatus direkt zum nächsten Bearbeitungsschritt weitergeführt werden, da sie über Chips mit dem Internet verbunden sind. Sie erlauben die Integration und Rückverfolgbarkeit der Arbeitsschritte vom Design und von der Prototypenentwicklung über die Produktion und Logistik bis zur Kundenunterstützung und Reparatur.
3D-Druck-Techniken erleichtern die Fertigung von Klein- und Ersatzteilen in der Stadt. Sie eignen sich insbesondere zur Reparatur von älteren Apparaturen, für die Ersatzteile schwer oder nicht mehr zu beschaffen sind. Auch die Herstellung von Prototypen und Designobjekten wird durch 3D-Druck vor Ort möglich, zum Beispiel in FabLabs, Designagenturen und Reparatur-Cafés. Mit speziellen, professionellen 3D-Druckern können und werden bereits im sehr kleinen Maßstab Teile für medizinische Anwendungen hergestellt, im großen Maßstab z.B. Bauteile für modulare Architekturen.
Interessante Links
Grafik zu Industrie 4.0: https://www.lantek.com/media/uploads/blog/Industry_4.0_.png.
Literatur und Quellen
gbo (2019): Internet of Things – was ist das eigentlich? Abrufbar unter: https://www.gbo-datacomp.de/internet-of-things-was-ist-das-eigentlich-2019-07.
Bendel, Oliver (2019):Cyber-physische Systeme.Definition: Was ist „Cyber-physische Systeme“? Abrufbar unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/cyber-physische-systeme-54077/version-369944.
Foto abrufbar unter: https://pixabay.com/de/photos/3d-drucken-3d-druck-3d-technologie-3758154/.
Architektonische Lösungen
Für die Etablierung urbaner Produktion sind kreative architektonische Lösungen wichtig.
- Durch die Einhausung der Verladestationen kann eine Lärmemissionen zur Nachbarschaft vermieden werden. Ein Beispiel hierfür ist WITTENSTEIN SE.
- Durch Lastenaufzüge können Materialien und Maschinen in obere Stockwerke zur Verarbeitung befördert werden. Ein Beispiel hierfür ist der Handwerkerhof Ottensen.
- Einen Schritt weiter geht die vertikale Produktion in einer Stockwerkfabrik, in der die Ware direkt über Fließbänder von oben nach unten durchs Gebäude geführt wird und keine Lastenaufzüge zum Transport auf Palletten benötigt werden. Ein Beispiel hierfür ist Manner.
Literatur und Quellen:
WienEnergie (2016): Süße Wärme: Ab sofort heizt die Manner-Schnitte. https://blog.wienenergie.at/2016/10/10/wenn-die-manner-schnitte-fuer-waerme-sorgt/.
Fallbeispiele „Urbane Fabriken“
Handwerk
Urbane Manufakturen sind Klein- und Kleinstbetriebe in der Stadt, die Einzelstücke oder geringe Stückzahlen einer Produktserie herstellen (Abweichungen gibt es jedoch z.B. in der Nahrungsmittelherstellung) und des Weiteren auf Reparaturen spezialisiert sein können. Dabei geht es meist um die Veränderung, Veredelung oder Erstellung eines Produkts sowie um die Zuarbeit zur Industrie (z.B. Erstellung von Prototypen oder Formen). Es handelt sich um handwerkliche Tätigkeiten, bei denen Maschinen gar nicht oder nur zur Unterstützung der Handfertigkeit zum Einsatz kommen: Vor allem im Handwerk werden im Zuge der Digitalisierung inzwischen CNC-Maschinen, 3D-Drucker oder computergesteuerte Brotformmaschinen vermehrt eingesetzt. Ein weiteres Merkmal ist, dass der oder die Betriebsinhaber*in im handwerklich-fachlichen Bereich mitarbeitet und Einwirkungsmöglichkeiten auf den technischen Betriebsablauf hat. Weitere Schlüsselpositionen sind mit handwerklichen Fachkräften besetzt.
Neue Konzepte im Handwerk
Der Rückgang von Handwerksbetrieben in den letzten 20 Jahren ist nicht nur statistisch darstellbar, sondern insbesondere in den Städten auch im Lebensalltag sichtbar. Im Bäckerei- und Fleischereihandwerk haben sich die Betriebe etwa halbiert. In Städten ist darüber hinaus ein Verschwinden von nicht störendem Handwerk zu beobachten. Gleichzeitig sind gerade in den letzten Jahren die Beschäftigtenzahlen insgesamt angestiegen (Zentralverband des Deutschen Handwerks 2020).
Gründe für das Verschwinden der Handwerkerbetriebe sind hohe Mieten, günstigere Massenproduktion in anderen Ländern (Outsourcing), hohe Umweltstandards, fehlende Nachfolge und höhere rechtliche Auflagen für Betriebe. Trotzdem gibt es in vielen Handwerksbereichen eine hohe Nachfrage und einen großen Bedarf.
Kooperationen, Digitalisierung und das Teilen von Ressourcen
Im Handwerk zeigt sich, dass Zusammenschlüsse mehrerer Betriebe und digitale Hilfsmittel hilfreich sind. Zusammenschlüsse können die Marktpräsenz verbessern und Kooperationen in einem Haus können zu Synergien und gemeinsamen Aufträgen führen. Einige Betriebe teilen sich sogar Werkstätten und Geräte, was zu geringerem Ressourcenverbrauch und Kostenersparnissen führen kann.
Für Privatpersonen gibt es mittlerweile eine Reihe Offener Werkstätten und Makerspaces in Deutschland, in denen das Teilen von Werkzeug und Know-how groß geschrieben wird.
Offene Werkstätten gibt es auch im Ruhrgebiet:
- Bochum: LutherLAB, Makerforum der RUB, in der KoFabrik ist eine Quartiershalle in Planung …
- Dortmund: Chaostreff, Urbanisten Manufaktur, Dezentrale, Velokitchen …
- Gelsenkirchen: Halle 1 der Westfälischen Hochschule …
- Essen: Stadtteilfabrik, 3 D Druckzentrale …
In der digitalen Karte des „Verbund Offener Werkstätten“ sind viele weitere Orte des Selbermachens in ganz Deutschland zu finden.
Interessante Links
Digitale Karte des Verbunds Offener Werkstätten
Quellen und Literatur
Zentralverband des Deutschen Handwerks (2020): Handwerk im Zeitverlauf. Abrufbar unter: https://www.zdh.de/daten-fakten/betriebszahlen/handwerk-im-zeitverlauf/.
Flächenerhalt für produzierendes Gewerbe
Mit dem Handwerkerhof Ottensen wurde die erste Gewerbefläche durch das Mietshäuser Syndikat dem Markt entzogen und langfristig für die Handwerksbetriebe gesichert.
Das Mietshäuser Syndikat setzt sich gegen Immobilienspekulation und Verdängung von Betrieben ein. So berät das Mietshäuser Syndikat selbstorganisierte Hausprojekte, die sich für das Syndikatsmodell interessieren, beteiligt sich an Projekten, damit diese dem Immobilienmarkt entzogen werden, hilft mit Know-How bei der Projektfinanzierung und initiiert neue Projekte. Durch den Beitritt in das Mietshäuser Syndikat verpflichtet sich der/die Inhaber*in, die eigene Immobilie selbst zu nutzen, weder zu veräußern noch zu beleihen oder mit ihr anderweitig zu spekulieren. Im Jahr 2020 bilden 156 Hausprojekte und 18 Projektinitiativen einen festen Verbund. Jedes der Hausprojekte ist autonom, d.h. rechtlich selbstständig, meist als GmbH organisiert, die die Immobilie besitzt.
Gründe und Möglichkeiten für den Erhalt von Gewerbeflächen in Städten
- Arbeitsplätze durch produzierendes Gewerbe
- Kurze Wege
- Ermöglichung einer attraktiven Mischung von Arbeiten, Nahversorgung und Wohnen
- Wohnumfeld aufwerten
- Immobilienspekulationen vorbeugen
Literatur und Quellen
Mietshäuser Syndikat: https://www.syndikat.org/de/
Interessante Links
Schneider, Anna-Sophie und von Hove, Anna (2018): So retten Mieter ihr Haus vor Investoren. Abrufbar unter: https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/mietshaeuser-syndikat-wie-hausvereine-bezahlbaren-wohnraum-sichern-a-1186974.html.
GLS Bank: Mietshäuser Syndikat. Ein Dach überm Kopf für alle. Abrufbar unter: https://www.gls.de/privatkunden/wo-wirkt-mein-geld/wohnen/mietshaeuser-syndikat/.
Fallbeispiele „Handwerk“
Logistikkonzepte
In Hinblick auf eine zunehmende Produktion im urbanen Raum sind neue Verkehrskonzepte notwendig, um Lieferverkehr nachhaltig und störungsfrei zu gestalten.
Nachhaltig wirtschaften & Verantwortung übernehmen
Weltweit verbrauchen wir Menschen so viele Ressourcen, dass wir um 70% die Regenerationsfähigkeit der Erde überschreiten und pro Jahr eigentlich 1,7 Erden bräuchten (Global Footprint Network)*. In Deutschland beträgt der durchschnittliche Fußabdruck sogar drei Erden. Zudem ist der Zugang zu Ressourcen in vielen Ländern an den sozialen Status, Bildungschancen und Einkommen geknüpft und wachsende Ungleichheiten werden immer sichtbarer.
Möchten wir in einer Welt leben, in der die globalen ökologischen Ressourcen als Lebensgrundlage erhalten bleiben und die Ressourcen den Menschen unabhängig von ihrem Geburtsort langfristig zur Verfügung stehen, dann müssen wir Konzepte entwickeln, wie ein gerechtes Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen, zukünftig lebenden Generationen und der Natur aussehen kann und diese umsetzen. Es gibt schon viele Ideen und Initiativen, die sich mit dieser Herausforderung auseinandersetzen und daran arbeiten, eine Zukunft mitzugestalten, die auf das Wohlergehen aller Menschen und unserer natürlichen Mitwelt ausgerichtet ist.
Interessante Links
* In 2020 ist der ökologische Fußabdruck aufgrund der Covid 19-Pandemie etwas zurückgegangen. Mehr dazu auf der Seite vom Earth Overshoot Day.
Was ist dein ökologischer Fußabdruck? Hier kannst du ihn berechnen: https://www.footprintcalculator.org/.
Alternatives Messkonzept zum Bruttoinlandsprodukt – Messung sozioökonomischer und ökologischer Grenzen mittels Donut-Ökonomie nach Kate Raworth: https://goodlife.leeds.ac.uk/.
Donutökonomie nach Kate Raworth: https://www.kateraworth.com/doughnut/.
Netzwerk Rethinking Economics: http://www.rethinkeconomics.org/exploring_economics/.
Quellen und Literatur:
Global Footprint Network (2018): Sustainable Development. Abrufbar unter: http://data.footprintnetwork.org/index.html#/sustainableDevelopment?cn=all&type=earth&yr=2016.
Urbane Logistik
Logistik erfüllt in urbanen Räumen wichtige Aufgaben in der Ver- und Entsorgung von Haushalten und Handels- und Produktionsstandorten.
Gründe für zunehmenden Lieferverkehr von Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEP):
- Online-Handel
- sinkende Lagerkapazitäten
- flexible, kleinteiligere Bestellungen im Einzelhandel
- gewünschte schnelle, flexible Zustellungen durch Kund*innen
- individualisierte Fertigungen & kleinteilige Bestellungen urban produzierender Unternehmen
Folgen zunehmender Lieferverkehre:
- Staus und überlastete Infrastrukturen
- Lärm
- Feinstaub und Stickoxide
Der Weg zu einer nachhaltigen und störungsfreien Logistik in der Stadt erfordert die Mitarbeit und Kooperation vieler Akteur*innen
- Digitale und technische Optimierungen, alternative Antriebe
- Standortwahl von Unternehmen und deren Lieferantenbeziehungen
- Straßennutzungsgebühren und City Maut
- Zugangsregelungen und -beschränkungen für Lieferverkehre
- Be- und Entladezonen
- Verlagerungen von geräuscharmen Lieferungen in die Nacht
- Einsatz von Intelligent Transport Systems (ITS)
- Kooperation mit Transportunternehmen mit den Zielen: Sendungsverdichtung, Einsparung von Fahrzeugen, vereinfachte Absprache mit Empfänger* innen, Emissionseinsparungen
- Mitverantwortung der Endverbraucher*innen durch das Konsumverhalten
Interessante Links
Quellen und Literatur
Erd, Julian (2015): Stand und Entwicklung von Konzepten zur City-Logistik. Wiesbaden: Springer Gabler (BestMasters).
Kille, Christian und Meißner, Markus (Hrsg.) (2018): Logistik 2018. Eine digitalisierte Welt und ihre Wirkung auf die Logistik. Ergebnisse des Herbstgipfels 2017. Abrufbar unter: http://www.logistikweisen.de/wAssets/docs/Logistikweisen_Bericht_2018.pdf.
KE-Consult (2020): KEP-Studie 2020 – Analyse des Marktes in Deutschland. Eine Untersuchung im Auftrag des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik e. V. (BIEK). Abrufbar unter: https://www.biek.de/download.html?getfile=2623.
Richer, Ralph / Söding, Max / Christmann, Gabriela (2020): Logistik und Mobilität in der Stadt von morgen. Eine Expert*innenstudie über letzte Meile, Sharing-Konzepte und urbane Produktion. Abrufbar unter: https://leibniz-irs.de/fileadmin/user_upload/Transferpublikationen/IRS-Dialog-1-2020.pdf.
Fallbeispiele „Logistikkonzepte“
Lokale Produktion im Ruhrgebiet
Das produzierende Gewerbe ist die ökonomische Basis von Städten. Denn dieses bietet neben dem Dienstleistungsbereich und anders als innovationsorientierte und wissensbasierte Branchen eine Vielzahl von Einfacharbeitsplätzen relativ guter Entlohnung. Der städtische Arbeitsmarkt hat eine soziale Integrationswirkung, die speziell in stark vom Strukturwandel betroffenen Regionen wie dem Ruhrgebiet durch Produktionsarbeitsplätze geleistet wird und eine positive verteilungspolitische Wirkung entfalten kann. Somit kann Urbane Produktion zu sozialer und ökonomischer Teilhabe führen, indem durch die Ansiedlung von Betrieben Arbeitsplätze geschaffen und durch den Erhalt von Betrieben Arbeitsplätze in der Stadt gehalten werden.
Literatur und Quellen:
Cohen, Stephen; Zysman, John (1987): Manufacturing Matters. The myth of the postindustrial economy. New York: Basic Books.
Rehfeld, Dieter (2019): Studiengruppe Industriepolitik: Fragen nach dem „Wie?“In: 30 Jahre Strukturwandel: Geschäftsbericht 2016 / 2017 / 2018. Gelsenkirchen: Institut Arbeit und Technik (IAT), S. 100-102.
Weitere Projekte und Initiativen im Ruhrgebiet
Im Ruhrgebiet gibt es zahlreiche enagagierte Menschen, produktive Gemeinschaftsorte und spannende Projekte. Einige unserer Favoriten aus Bochum, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Herne stellen wir euch hier vor.