Solidargemeinschaft im Handwerk
Urbane ManufakturSteckbrief
22765 Hamburg
Handwerkerhof Ottensen
Die Bedingungen für Kleinbetriebe, die in Hamburg Gewerbeflächen anmieten müssen, ist seit Jahren unzureichend. In manchen Vierteln Hamburgs fehlt das Kleingewerbe fast gänzlich, da der Verdrängungsdruck viele alteingesessene Betriebe ohne Nachfolger zur Schließung zwingt. Dennoch sind durch die Entwicklung des Arbeitsmarktes viele Arbeitskräfte in die Selbstständigkeit gegangen, was den Druck auf bezahlbaren bzw. preiswerten Gewerberaum zusätzlich verstärkt.
Der Impuls für das Projekt Handwerkerhof Ottensen kam aus der Nachbarschaft selbst. Die Gründungsmitglieder – bestehend aus Kfz-Handel, Klempner und Zimmerei – schlossen sich aufgrund von Mangel an Raum zusammen. Die kleine Gewerbefläche in dem Mischgebiet in Hamburg-Ottensen befindet sich in privatem Besitz. Andere Flächen halten dem Verdrängungsdruck kaum Stand. Die meisten Betriebe waren schon vor dem Einzug in den Handwerkerhof in Altona beheimatet und wollten in ihrem angestammten Bezirk, in der Nähe Ihrer KundInnen, arbeiten.
Durch den Beitritt in das Miethäuser Syndikat verpflichtet sich der/die InhaberIn seine Immobilie selbst zu nutzen, nicht zu veräußern und zu beleihen oder mit ihr anderweitig zu spekulieren.
Exkurs zum Mietshäuser Syndikat: Im Jahr 2017 bilden 120 Hausprojekte und 20 Projektinitiativen einen festen Verbund. Jedes der Hausprojekte ist autonom, d.h. rechtlich selbstständig mit einem eigenen Unternehmen, das die Immobilie besitzt. Jedes Projekt hat die Rechtsform der GmbH, der „Gesellschaft mit beschränkten Haftung“.
Intention
Die grundlegende Idee ist, ein Netzwerk zu schaffen, das lebendig und solidarisch den unternehmerischen Alltag bereichert. Das selbsterklärte Ziel lautet, kleinen Handwerksbetrieben auch in guten Stadtlagen dauerhaft niedrige Mietpreise anbieten zu können. 8,61 Euro pro Quadratmeter sind es derzeit für die Gewerbetreibenden. Die im Haus arbeitenden Firmen bilden eine „Solidargemeinschaft“. Sie haben nicht nur den Planungsprozess aktiv begleitet, sondern sind ebenso selbst verantwortlich für das Haus. Geschafft wurde es, ein Gewerbe-Neubau mit der Vorgabe von Werkstätten und Büros auf mehreren Etagen zu errichten.
Der Zusammenschluss mehrerer Betriebe verbessert deren Marktpräsenz. Die Zusammenarbeit in einem Haus führt zu Synergien und die Betriebe erledigen Aufträge gemeinsam. Es gibt eine Gemeinschaftsküche und einige Betriebe teilen sich Werkstätten und Geräte. Gemeinschafts-WCs sparen Raum und reduzieren so die Miete. Heute sind 25 Personen daran beteiligt.
Hauptakteure
Maßnahmen, quartiersübergreifend
Die Bauherren selbst sind die heutigen Mieter, sie haben mit geplant und gebaut und haben durch ein besonderes Konstrukt auch einen Traum Wirklichkeit werden lassen; ihren Traum vom nicht-profitorientierten, gemeinschaftlichen Bauen. Es wurden Feste organisiert, zu denen die HandwerkerInnen die NachbarInnen eingeladen haben. Die Projektmacher gingen Schritt für Schritt vor. Mit dieser Einstellung wird vor besonders bei der Stadtverwaltung mehr erreicht. Die Laewetz-Stiftung begleitete den Bauprozess. Durch die Beteiligung des Mietshäusersyndikats an der GmbH generieren die Projektmacher bezahlbare Mieten für Gewerbe. Auf einem brachen, städtischen Grundstück wurde, nach einer „Anhandgabe“ durch die Stadt, ein Gewerbe-Neubau mit der Vorgabe von Werkstätten und Büros auf mehreren Etagen gebaut.
Erfolgsbausteine
Der Handwerkerhof Ottensen wurde von etwa 15 Einzelpersonen/Betrieben 2011 als Verein gegründet, um auf einem brachem städtischen Grundstück ein Gewerbe-Neubau mit der Vorgabe von Werkstätten und Büros auf mehreren Etagen zu bauen. Mittlerweile sind es 25 Personen und der Neubau wurde eröffnet. Vor dem Hintergrund, dass kleine und mittlere Handwerksbetriebe in Altona, wie auch in ganz Hamburg, kaum noch bezahlbaren Gewerberaum finden, schlossen sich 2012 fünfzehn Einzelpersonen und Betriebe zusammen, um den Handwerkerhof-Ottensen nach eigenen Vorstellungen zu planen und zu errichten.
Die Beteiligung des Mietshäuser Syndikats an der GmbH schützt die Handwerksbetriebe vor dem Verdrängungsdruck, der es ihnen in Hamburg schwer macht, kostengünstige Räume für ihre Arbeit zu finden. Erfolgsbaustein für das Projekt ist außerdem die gewisse Portion Realismus. So wurde das Gebäude mit tragbaren Wänden erbaubt, d.h. ohne Säulen, um eine hohe Flexibilität für spätere Nutzungen zu generieren. Eine Erkenntnis war, dass es empfehlenswert ist, sich von außen beraten zu lassen und so Konflikte im Vorhinein zu vermeiden.
Fazit
In der Planungsphase kam es zu verschiedenen Hindernissen. Missverständnisse bei Planungsleistungen entstanden unter anderem, da die ArchitektInnen aus dem eigenen Zusammenschluss nicht rein ehrenamtlich arbeiteten. Ein weiterer Stolperstein wurde ein Bebauungsplan von 1952, der am Rand des Grundstücks eine Baugrenze vorsah. Dort war in den unbebauten Jahrzehnten ein Baumbestand gewachsen, der demnach als schützenswert galt. Die Verantwortlichen konnten in vielen persönlichen Gesprächen den Spagat zwischen Grün- und Stadtplanungsamt schaffen und einen Kompromiss finden.
Für die Zukunft gibt es den Wunsch der Projektmacher, sich stärker nach außen zu präsentieren und beispielsweise in der Bildung zu engagieren. Besuche an Schulen, Führungen mit Schulklassen und Aufklärungsarbeit wären denkbar, um fürs Handwerk zu werben, scheitern aber an zu viel eigener Arbeit im Projekt.