Die Chapel in Göppingen (Baden-Württemberg) ist ein Ort, an dem Kultur und Gemeinschaft im Raum einer ehemaligen Kirche ihren Platz gefunden haben. Der Verein Fabrik für Kunst und Kultur e.V. wurde in den 1990er Jahren gegründet und markierte den Startschuss für die Subkultur in Göppingen. Nachdem der Verein zunächst in einer alten Fabrikhalle beheimatet war, hat er 1998 die ehemalige Kirche Soldier Chapel des US-Militärs gemietet, in Stand gesetzt und ist dort eingezogen. Seitdem wird das Gebäude als Veranstaltungsraum für Festivals, Lesungen, Mittelaltermärkte, Workshops, Kabarett, Treffen für Jugendliche, Theater, Fashion Events und vieles mehr genutzt. Außerdem gibt es eine Werkstatt für Vereinsmitglieder, die vor allem für die Instandhaltung der Kirche genutzt wird, aber auch für andere Bauprojekte und private Vorhaben.

Den Verein, der heute die Chapel Göppingen belebt, gab es schon in den 1990er Jahren in. Der Verein organisierte Events von jungen Leuten für junge Leute. Nach dem Abriss der alten Fabrikhalle, die der Verein nutzte, fand er im Industriegebiet Stauferpark, in einer ehemaligen Kasernenkirche, einen neuen Veranstaltungsort. Vor der Nutzung des Gebäudes im Jahr 2000 stand die Kirche bereits acht Jahre leer. Das teilweise denkmalgeschützte Gebäude verfügt über zahlreiche Räume im Keller sowie über eine Werkstatt. Im Untergeschoss der Chapel Göppingen befinden sich ein Vereinsbüro, Lagerräume, vermietete Proberäume und ein Studio, eine Werkstatt und weitere Räumlichkeiten. Dabei kann jedes Mitglied des Vereins außerhalb von Veranstaltungen alle Räume nutzen, z.B. Musiker:innen, Kunstschaffende, sowie Bühnenbildner:innen. Auch im Erdgeschoss verfügt die Kirche über einen Veranstaltungsraum, Bühne, Bar, Backstagebereich, Küche und Umkleide, außerdem ist sie barrierefrei.

Auch für diese Nutzung hat der Verein Maßnahmen vorbereitende Maßnahmen treffen müssen. So haben die Mitglieder die Chapel selbstständig und ehrenamtlich saniert, die Fassadensanierung wurde dabei von der Stadt bezuschusst. Einen Rückschlag erlebte das Projekt durch die Änderung der Versammlungsstättenverordnung im Jahr 2017, wodurch die Kirche vorerst geschlossen werden musste. Den Status als Versammlungsstätte bekam sie erst nach weiteren Sanierungen zurück, diese wurden von der Stadt finanziert. Das Projekt verfügt über eine Ausschanklizenz, darf jedoch keine Speisen verkaufen. Das Catering wird daher über externe Foodtrucks auf dem Parkplatz organisiert.

Räumlich gibt es im Kirchengebäude einige Nachteile. Die Akustik ist schlecht, es sind spezielle Technik und Surround notwendig, was eine aufwendige und teure Modellerstellung und Schallerrechnung notwendig gemacht hatte. Zudem verfügt der Ort über eine dürftige Internetanbindung, die Heizung muss drei Tage im Voraus eingeschaltet werden, bis der ganze Raum erwärmt ist, daher wird nur für Veranstaltungen geheizt. Außerdem hat die Kirche eine dürftige Anbindung an den Nahverkehr, der Bus fährt nur zweimal am Tag. Daher hat man sich ausgeholfen, indem für Veranstaltungen eine Kooperation mit Taxiunternehmen für Shuttle-Services eingegangen wurde.

Das Gebäude bietet aber auch Vorteile, so Amyna Wolf, 2. Vorsitzende und Architektin. So verfügt die Kirche über ein gefragtes Ambiente mit ihren Kirchenfenstern, der Beleuchtung und der Wirkung von außen. Zudem ist sie eine geeignete Location für Veranstaltungen während der Coronapandemie, da sie über einen großen Luftraum verfügt. Das Gebäude ist eingebettet in ein ehemaliges Kasernenareal mit u.a. Büros, Fabrikhallen und einem Veranstaltungsgebäude.

Der Verein mit Sitz in der Kirche in Göppingen umfasst 100 Mitglieder, davon sind 30 aktiv. Das Projekt ist basisdemokratisch organisiert und trägt sich über viel ehrenamtliches Engagement. Der Verein uns seine Mitglieder nutzen die Chapel für verschiedene Arten der Produktion: Es existiert eine offene Werkstatt für Metall- und Holzbearbeitung, welche von Mitgliedern des Vereins für Arbeiten am Gebäude und Weiteres nach Absprache selbstständig  und auf Vertrauensbasis genutzt werden kann. Dort werden auch Workshops angeboten.

Die Finanzierung des Projektes gestaltet sich vielfältig. Da die Kirche in städtischer Hand ist, kann der Verein sie lediglich mieten. Die Miete wird über den Wirtschaftsbetrieb gestemmt, für weitere Projekte werden jedoch Fördergelder eingeholt. Diese setzen sich zusammen aus Fördermitteln der Kommune, Fördermittel des Landes Baden-Württemberg, Zuschüssen verschiedener Firmen, die als Sponsoren agieren sowie weiteren Fördermitteln, z.B. Neustart Kultur. Der wirtschaftliche Betrieb wird in Form von Veranstaltungen gestaltet, größtenteils umfasst dies Veranstaltungen, Feiern und Vermietungen, aber auch kleinere Konzerte und Ausstellungen. Die jeweiligen Konditionen für den Betrieb werden dabei in den Vereinssitzungen von den Mitgliedern beschlossen. Das Kulturreferat unterstützt den Verein außerdem durch Zuschüsse bei Gagen. Durch das politische Commitment und die Stellung der Chapel als lokaler Hotspot sind sich die Fraktionen über die Bedeutung des Standorts einig und haben die aufwendigen Sanierungen ebenfalls bezuschusst.

Die Chapel Göppingen befindet sich außerhalb von Wohngebieten. Mit den umliegenden Unternehmen entstehen keine Nutzungskonflikte. Zudem gab es vor der Nutzung der Vereins keine Kirchengemeinde, da diese bereits zuvor mit den Soldaten abgezogen war. Das Nutzungskonzept für die ehemalige Kirche ist von der Stadt bewilligt, so dass auch Konflikten mit Verwaltung und Politik vorgebeut ist.

Bisher hat der Verein es über die Coronakrise geschafft. Jedes Jahr werden mehr Veranstaltungen durchgeführt und das Repertoire erweitert. Für Veranstaltungen wird das Chapel allein aufgrund des Ambientes weiterhin genutzt werden. Für die meisten regelmäßigen Nutzungen im Bereich Produktion ist der Raum jedoch zu groß und zu schwer zu heizen.