Werken bis zum Schulabschluss
GemeinschaftswerkstattSteckbrief
913357 Berlin
Handwerksbetrieb/Produktionsschule
Produkt:
Berufliche Orientierung in Holz- und Metallverarbeitung, Fliesenarbeiten, Malen/Lackieren, Kochen/Hauswirtschaft, Textil, künstlerisch-kreative Projektarbeit
Projektlaufzeit:
2009-2012
Standort:
Mischgebiet, ExRotaprint-Gelände
SchülerInnen:
20
Mitarbeitende:
3 Vollzeit, 3 Teilzeit
Nähere Information unter:
http://www.zukunftsbau.de/index/904/
Produktionsschule Mitte
Ausgangslage im Stadtteil
Die Produktionsschule Mitte befindet sich im Erdgeschoss des ExRotaprint-Komplexes in Berlin-Wedding, auf der die gemeinnützige ExRotaprint GmbH die Flächen der ehemaligen Druckmaschinenfabrik an Kreative, Produktionsunternehmen sowie soziale und kulturelle Einrichtungen vermietet. Wedding zeichnet sich durch eine kleinteilige, heterogene Baustruktur aus und besteht aus einzelnen, stadtbildlich nicht zusammenhängenden Einheiten. So ist das ExRotaprint-Gelände ein inselartiges Mischgebiet innerhalb eines dichten Wohngebietes1.
Der Stadtteil zählt zu den sozial benachteiligten Quartieren der Hauptstadt und ist geprägt von hoher Arbeitslosigkeit, einem hohen MigrantInnenanteil und Kinderarmut2. Im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ wurde 2001 ein Quartiersmanagement etabliert, das sich in seiner Arbeit verstärkt auf Bildung und Ausbildung konzentriert3.
Hauptakteure und Unterstützungsstrukturen
Die Produktionsschule Mitte war vorerst von 2009 bis 2012 als dreijähriges Projekt innerhalb des Programms „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier – BIWAQ“4 konzipiert, welches vom Europäischen Sozialfonds und durch die „Soziale Stadt“ vom Bundesbauministerium gefördert wurde5. Trägerin ist die Zukunftsbau GmbH, die seit 1986 in Berlin in der Jugendhilfe und beruflicher Integration agiert. Seit 2012 ist die Schule ein Kooperationsprojekt zwischen Zukunftsbau, Schulamt Mitte und Jugendamt Mitte6.
Arbeit
In der Produktionsschule hatten zwanzig schuldistanzierte Jugendliche die Möglichkeit, sich in unterschiedlichen handwerklichen Themenbereichen weiterzubilden und zu orientieren. In Zusammenarbeit mit den Oberschulen im Bezirk konnten sich Jugendliche für die Aufnahme an der Produktionsschule Mitte bewerben, wobei sie ein Bewerbungsgespräch und eine Probezeit von acht Wochen durchliefen6: Im regulären Unterricht, der in Kleingruppenbetreuung durch individuelles Lernen stattfand, konnten die SchülerInnen die Berufsbildungsreife oder den Mittleren Schulabschluss erreichen. Durch Fachanleitung mit sozialpädagogischer Unterstützung konnten in den Werkstätten zudem praxisnahe Fähigkeiten in handwerklichen Bereichen wie Holzbearbeitung, Kochen, Nähen und anderem ausgebildet werden. Die Produktionsschule Mitte verband schulisches Lernen mit beruflicher Orientierung durch produktives Arbeiten, gab schulisch gescheiterten Jugendlichen eine zweite Chance, konnte so zur Bildungsgerechtigkeit beitragen und Produktionsberufe in der Ausbildung fördern7.
Verstetigung
Nach dem erfolgreichen Modellprojekt konnte sich die Produktionsschule Mitte verstetigen und die Arbeit mit schuldistanzierten Jugendlichen weiter etablieren. Der Fokus auf Produktion ist jedoch in den Hintergrund gerückt. Nun konzentrieren sich die SchülerInnen und MitarbeiterInnen vor allem auf die Vorbereitung für den schulischen Abschluss. Die veränderte Schwerpunktsetzung liegt zum einen an einer veränderten Förderlage: Waren die Fördergeldgeber zuvor der Europäischer Sozialfonds und das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, sind die Auftraggeber heute das Jugendamt und das Schulamt Berlin, deren Interesse vor allem der gelingende Abschluss ist. Der Fachkräftemangel spielt bei der Lehre ebenfalls eine Rolle, da es schwierig ist, Personal zu finden, welches sowohl eine Sozialpädagogische als auch eine handwerkliche Ausbildung vorweisen kann8.
Fazit
Im Rahmen von Quartiersmanagement und „Soziale Stadt“-Programm konnte sich die Produktionsschule Mitte von einem Dreijahres-Projekt zu einer festen Institution in Berlin-Wedding etablieren. Im Gegensatz zu Produktionsbetrieben lag der Fokus nicht bei der Herstellung und Vermarktung von Produkten, sondern auf der Weiterbildung von Jugendlichen im handwerklichen Bereich, wobei im Laufe der Verstetigung der Schwerpunkt Produktion nur am Rande mitgetragen werden konnte.
Eine Produktionsschule kann SchülerInnen mit Schwierigkeiten im regulären Schulsystem den Einstieg in die Berufsausbildung erleichtern und damit die Chancengleichheit, lokale Ökonomie und soziale Stabilität des Stadtteils verbessern. Zudem kann ein solches Konzept zur Nachwuchsförderung für den produzierenden Sektor beitragen.
Weitere Informationen:
http://www.zukunftsbau.de/et_dynamic/page_files/904_download1.pdf?1541164873
Autorin: Sophia Schambelon, Institut Arbeit und Technik (04.06.2019)
Quellen:
1Flächennutzungsplan Berlin (2019): Adresse: Gottschedstraße 4, 13357 Berlin. Zugang zum Onlinetool unter https://fbinter.stadt-berlin.de/fnp/index.jsp?Szenario=fnpak
2Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Berlin (2017): Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2017. Abrufbar unter: https://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/monitoring/download/2017/Monitoring_Soziale_Stadtentwicklung_2017-Bericht.pdf
3Quartiersmanagement Berlin (2019): Reinickendorfer Straße / Pankstraße. Abgerufen von https://www.quartiersmanagement-berlin.de/quartiere/reinickendorfer-strasse-pankstrasse.html
4BIWAQ (2015): ESF-Bundesprogramm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier – BIWAQ“. Abgerufen von https://www.biwaq.de/BIWAQ/DE/Home/home_node.html.
5Güles, Orhan (2009): BIWAQ – Zusammenhalt durch sozialraumorientierte Arbeitsmarktpolitik. In: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 6, S. 433 – 442. Abgerufen von https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/IzR/2009/6/Inhalt/DL_Gueles.pdf?__blob=publicationFile&v=2
6Zukunftsbau GmbH (2019): Produktionsschule Mitte ps.m. Abgerufen von http://www.zukunftsbau.de/index/904/%22
7Produktionsschule Mitte (2018): Faltblatt. Abrufbar unter http://www.zukunftsbau.de/et_dynamic/page_files/904_download1.pdf?1541164873
8Persönliches Gespräch vom 03.06.2019 mit Frau Görss, Projektleitung / Zukunftsbau GmbH