Paul's Repair Shop

Steckbrief

Steinstraße 54, 45128 Essen

Typ Urbaner Produktion: Handwerksbetrieb, Instrumentenbau

Produkte: Reparatur und Instandhaltung von Saiteninstrumenten mit Fokus auf Gitarren. Keine Streichinstrumente

Gründung: 2016

Gründer*innen: Paul Schmoranzer

Rechtsform: Einzelunternehmen

Beschäftigte: 2, Einzelunternehmer und Aushilfe auf 450€-Basis

Standort: Essener Innenstadt – Stadtteil Südviertel

Kontakt: Info@paulsrepairshop.de

Website: paulsrepairshop.de

das Gebäude des Standortes von RUHRSOURCE
das Gebäude des Standortes von RUHRSOURCE
Dominik Halm, einer der Gründer von RUHRSOURCE

Paul’s Repair Shop

Wenn Paul Schmoranzer vor seiner Werkstatt im Essener Südviertel eine Mittagspause einlegt, wird er von allen Anwohner*innen freundlich gegrüßt. Man kennt sich. Seit 2016 betreibt der 32-jährige Gitarren-Enthusiast eine eigene Werkstatt für die Reparatur, Instandhaltung und sonstige Service-Arbeiten von Gitarren, Bässen bis hin zu anderen ausgefallenen Zupfinstrumenten wie die türkische Saz oder die griechische Bouzouki. Damit gibt sich Paul Schmoranzer aber noch nicht zufrieden, er hat noch viele weitere innovative Pläne für die Zukunft.

Ein junger Gründer mit Profil

Seit 2012 repariert Schmoranzer Gitarren und Bässe. Mittlerweile hatte er schon über 4500 Instrumente in seinen Händen. Zuvor praktizierte er im Musikshop Axel, welcher sich unmittelbar neben seinem jetzigen Lokal befindet. Für ihn war jedoch klar, dass er gerne über das Angestelltenverhältnis hinaus eine eigene Werkstatt hätte, in welcher er sich noch weiter entfalten kann.

Eine offizielle Ausbildung zum Zupfinstrumentenmacher – so die Fachbezeichnung für den Bau von Gitarren und ähnlichem, hat Paul Schmoranzer nicht absolviert. Die Ausbildungssituation ist in Deutschland für diesen Berufszweig etwas kompliziert und nur an wenigen Standorten verfügbar. Kurz vor seiner Gründung hat Schmoranzer mit dem Gedanken gespielt, ein Studium zum Musikinstrumentenbau an der Fachhochschule Zwickau zu beginnen, entschloss sich dann allerdings aufgrund der hohen Unkosten sowie der Standortverlagerung dagegen. Seit Kurzem beschäftigt Paul Schmoranzer eine Aushilfskraft auf 450€-Basis, die ihn bei Zuarbeiten unterstützt.

„Ich weiß aber auch ohne Ausbildung genau was ich tue. Ich hatte eine sehr gute Masterclass im Bereich Gitarrenbau- und Reparaturen und habe vor meiner Selbstständigkeit lange im Musikshop Axel als Repairman gearbeitet […]. Durch meine mittlerweile 20-jährige Erfahrung als Gitarrist und Musiker, stelle ich jedes Instrument so ein, dass das Bestmögliche rausgeholt wird. Ich spiele jedes Instrument nach der Reparatur, um zu überprüfen, ob auch alles funktioniert und die Bespielbarkeit optimal eingestellt ist.“

Die Zeit in der Corona-Krise nutzte der junge Gründer, um ein umfangreiches Social-Media-Profil aufzubauen. Neben einem gepflegten Internetauftritt, entstand so beispielsweise ein Podcast (Paul’s Guitarcast1), in dem Musiker*innen, Kolleg*innen aus verwandten Branchen und Geschichten aus der Werkstatt thematisiert werden.

Der Produktionsort

Die 29 m² große Werkstatt von Paul Schmoranzer befindet sich in Souterrainlage eines Wohnhauses innerhalb eines Wohngebiets im Essener Südviertel2. Tatsächlich ist diese Lage für die Reparatur von Musikinstrumenten optimal, da sich das Ladenlokal so im Hochsommer nur sehr langsam aufheizt, was wiederum schlecht für das Holz der Instrumente wäre. Gleichzeitig können Passant*innen im kleinen Schaufenster die Werkbänke sehen und erleben, wie vor Ort gearbeitet wird. Das Ladenlokal blickt außerdem auf eine lange Handwerkstradition zurück – zuvor befand sich dort eine Schusterei, die dort über 80 Jahre bestand. Da er die Renovierungsarbeiten beim Einzug selbst übernommen hatte, hatte er die Vereinbarung mit dem Vermieter, die ersten drei Monate mietfrei zu nutzen.

Das Umfeld ist primär durch Wohnfunktionen gekennzeichnet. Die räumliche Nähe zur Innenstadt bringt jedoch auch einige Infrastruktureinrichtungen wie Kindertagesstätten sowie eine ansprechende ÖPNV-Verbindung hervor. Nutzungskonflikte, wie etwa Beschwerden durch Anwohnende gibt es keine. Hinsichtlich Freizeit- und Kulturveranstaltungen im Umfeld sieht der junge Gründer allerdings noch Nachholbedarf. Gerne hätte der Essener mehr „Urbanes Flair“, gekennzeichnet durch Cafés und soziale sowie kulturelle Veranstaltungen.

In seinem Stadtteil sowie in ganz Essen ist Schmoranzer stark vernetzt. Direkt nebenan befindet sich das Gitarren-Fachgeschäft „Musikshop Axel3, welches die Werkstatt mit vielen notwendigen Materialien, wie beispielsweise Saiten oder elektronische Komponenten versorgt. Dabei empfehlen sich die Läden bei ihrem Kundenstamm gegenseitig weiter, sodass auch hier ein nachbarschaftlicher Synergieeffekt entsteht.

Als weitere positive Beispiele für derartige musikalische Verflechtungen nennt Paul Schmoranzer die Denmark Street in London oder die Rue de Douai in Pigalle, Paris, wo sich viele unterschiedliche Musikfachgeschäfte, Manufakturen und Werkstätten aneinanderreihen und gegenseitig voneinander profitieren.

Des Weiteren betreibt Schmoranzer Netzwerkarbeit mit lokalen Bands sowie mit Jugendhäusern, wo er beispielsweise Bandcontest mit kleinen Gutscheinen sowie mit Serviceangeboten vor Ort sponsert. Auch für die örtliche Jugendhilfe bietet die Werkstatt eine Anlaufstelle. So ergab sich schon öfter eine kleine Praktikumsstelle für interessierte Jugendliche.

Zukunft – Pläne und Wünsche

Paul Schmoranzer wünscht sich, seinen Betrieb zukünftig zu vergrößern und respektive weitere Mitarbeiter*innen zu beschäftigen. Dies ist jedoch von der Anzahl an Aufträgen abhängig. Gerne würde Schmoranzer seine Werkstatt auch inklusiv ausrichten, um so sein früheres Studium der Kulturpädagogik mit seiner handwerklichen Leidenschaft zu verbinden.

„Viele junge Menschen mit Einschränkungen möchten nicht zwangsläufig in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten. Hier sehe ich in meinem Betrieb ein sehr großes Potenzial“.

In naher Zukunft plant der Repairman Workshops zur Einstellung und kleineren Reparaturen von Gitarren. Nach dem „Rent a Bench“-Prinzip können interessierte Teilnehmer*innen unter Anleitung des Experten und unter Zuhilfenahme der notwendigen Werkzeuge selbst an ihren Instrumenten werkeln.

„Diese Workshops sollen ein Erlebnis sein. Ich möchte das so gestalten, dass die Teilnehmer*innen eine tolle Zeit haben. Außerdem freue ich mich, wenn gerade jüngere Personen Freude am Handwerk haben und es zu würdigen wissen. Aber da erkenne ich bereits jetzt schon einen positiven Trend.“

Fazit

Die Werkstatt von Paul Schmoranzer stellt ein gutes Beispiel für verarbeitendes Gewerbe mitten in der Stadt dar. Durch die Lage im innerstädtischen Quartier hat die Werkstatt einen aufwertenden Charakter und weckt zudem das Interesse der Bewohner*innen am Handwerk.

Autor: Marvin Guth, Hochschule Bochum (05.09.2021)

 

Quellen:

Interview mit Paul Schmoranzer am 25.08.2021, geführt von Marvin Guth

1 Paul’s Guitarcast: https://paulsguitarcast.podigee.io/about

2 Regionaler Flächennutzungsplan der Planungsgemeinschaft Städteregion Ruhr. 2020, URL: http://www.staedteregion-ruhr-2030.de/cms/shared/datei_download.php?uid=4c19a04cecf995c6819c95169b618f3e

3 Musikshop Axel: https://www.musik-axel.de/