Revitalisierung von (denkmalgeschützten) Gewerbeflächen

Quartier

Steckbrief

Oberschöneweide
12459 Berlin

Instrumente zur Schaffung von Rahmenbedingungen: Regionalmanagement durch landeseigene Entwicklungsgesellschaft zur Reindustrialisierung und Schaffung eines urbanen Stadtteils
Quartierstyp: Industriequartier mit angrenzenden Wohnvierteln und Naturpark
Beteiligte Akteure (Initiatoren): Regionalmanagement Berlin Südost
Lerneffekte: Akteure, Netzwerke und Institutionen, Nutzungsmischung, Umgang mit Leerständen
Förderung: Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW)
Kontakt:
WISTA-MANAGEMENT GmbH
Regionalmanagement Berlin Südost
info(at)suedost-berlin.de

Gewerbeflächenentwicklung Oberschöneweide

Ausgangslage

Schöneweide liegt südöstlich der Berliner Innenstadt im Stadtbezirk Treptow-Köpenick. Der Stadtteil wird dabei von der Spree in zwei Teile geteilt: Oberschöneweide und Niederschöneweide.

Prägend für die Entwicklung des Stadtteiles ist seine ehemalige Funktion als Industriestandort: Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich hier v.a. die Elektroindustrie und Elektrizitätswirtschaft, die damals der gesamten Stadt Berlin zu einer Vorreiterrolle in Sachen Elektrizität in Europa verhalf, und dem Stadtteil den Titel „Elektropolis Berlin“ verlieh. Bis 1990 blieb der Stadtteil Standort großer Unternehmen (u.a. Kabelwerk Oberspree (KWO) der AEG, Transformatorenwerk (TRO), die Berliner Metallhütten- und Halbzeugwerke (BMHW), Werk für Fernsehelektronik (WF), Institut für Nachrichtentechnik) – mit der Wiedervereinigung und dem damit einhergehenden politischen, wirtschaftlichen und strukturellen Wandel geriet er jedoch in eine Krise: Arbeitsplätze und Industrie verschwanden schlagartig, auch als Wohnort wurde der Stadtteil unattraktiv und verfiel zusehends.

Heute – 30 Jahre nach dem Mauerfall – befindet sich Schönweide wieder im Aufschwung: mit dem angrenzenden Stadtteil Adlershof und dem Innovationspark Wuhlheide bildet Schöneweide die Technologieachse des Berliner Südostens. In dieser Achse vereinigen sich neben 1.500 Unternehmen Standorte von Wissenschaft, Wirtschaft und Medien, Technologie- und Gründerzentren sowie seit 2009 der neue Campus der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) mit über 9.000 Studierenden. Die HTW zählt dabei zu einer der renommiertesten Ausbildungsstätten für kreative Berufe und gilt als zentraler Faktor für die positive Entwicklung des Stadtteils.

Während Oberschöneweide schon seit den 2000 Jahren als beliebter Standort für die Berliner Kreativszene gilt, entwickelt sich nun auch die gewerbliche Nutzung und gewinnt so als Arbeitsort wieder an Bedeutung. Aber auch als Wohnort ist der Stadtteil sehr attraktiv – insbesondere durch seine Nähe zu Naherholungsgebieten wie dem Park Wuhlheide und der Spree.

Intention

Explizit ist gewünscht, dass Berlin wieder ein (urbaner) Industriestandort wird. Schöneweide stellt dabei einen wichtigen Strategieraum dar und soll einerseits als ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort entwickelt werden, andererseits aber auch als ein Stadtteil für Wohnen und Freizeit dienen. Dabei muss das durch den Senat geförderte Regionalmanagement zahlreiche Interessen der FlächeneigentümerInnen, der Unternehmen, der Bezirksverwaltung, des Senats, der HTW Berlin, den vielen NutzerInnen sowie der Bewohnerschaft berücksichtigten und miteinander vereinbaren.

Auf dem Weg zum gemischt genutzten, urbanen Stadtteil hat Schöneweide fast ausschließlich Nachholbedarf beim Thema Arbeit. Der Schwerpunkt des Regionalmanagements liegt daher primär auf der Entwicklung des Stadtteils als Wirtschaftsstandort für Industrie und Gewerbe, Kunst und Kultur sowie auf der Förderung der Kreativwirtschaft.

Schon vor der dem Start des Regionalmanagements im Jahr 2011 befanden sich bereits 300 Unternehmen mit über 3000 Beschäftigten, davon sieben Unternehmen mit jeweils über 100 MitarbeiterInnen, in den Branchen Energie, Sensorik, Elektronik, IKT und Kreativwirtschaft am Standort. 2012 diente das Quartier zudem bereits als Arbeitsort für etwa 400 Kreativ- und Kunstschaffende, die sich zwischen Design und Handwerk bewegen. Beispiele für produzierende Gewerbe sind

  • First Sensor AG (Sensorik und Elektronik; Entwicklung und Herstellung)
  • BAE Batterien GmbH (Batterieherstellung)
  • Christian Dunkel GmbH (Werkzeugbau)

Mithilfe des Regionalmanagements konnten weitere Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen angesiedelt werden, darunter:

  • Pb Recommerce GmbH (Onlinehandel)
  • Culture Form GmbH (Produktdesign und -entwicklung)
  • Botspot GmbH (Entwicklung und Produktion von 3D Scannertechnologie)
  • QINOUS GmbH (Energiespeicherung und -versorgung)

Attraktiv für Unternehmen wird der Standort Schöneweide durch gute verkehrliche Anbindungen, verfügbare Flächen, Fördersysteme und die lokale Vernetzung mit Forschung und Entwicklung. Eine Herausforderung für die Immobilienvermittlung an Unternehmen und die weitere Entwicklung des Quartiers stellt die aktuelle Knappheit geeigneter Immobilien für langfristige Vermietungen dar. 500.000 qm der Fläche sind denkmalgeschützte Industriebausubstanz, zudem stehen einige Immobilien leer und werden lediglich zu Spekulationszwecken genutzt. Es besteht jedoch ein Neubaupotential auf insgesamt rund 250.000 qm, sodass langfristig die Ansiedlung weiterer Unternehmen gesichert werden kann.

Hauptakteure

  • Wirtschaftsförderung des Bezirksamtes Treptow-Köpenick von Berlin
  • Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
  • Regionalmanagement Schöneweide (Projektdurchführung durch die landeseigene WISTA-MANAGEMENT GmbH)
  • Handwerkskammer Berlin
  • Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW)

Maßnahmen

  • Profilierung Schöneweides als Wirtschaftsstandort
  • Förderung der Ansiedlung von Unternehmen der Technologie- und Kreativwirtschaft durch eine Verbesserung des Flächenangebots
  • Unterstützung bei Unternehmensgründungen und Schaffung von Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
  • Ausbau der verkehrlichen und digitalen Infrastruktur

Erfolgsbausteine

  • Kooperation des Regionalmanagements mit zahlreichen Akteuren aus Politik, Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft im Rahmen einer integrierten Quartiersentwicklung
  • Strategisches Zusammendenken von Technologie, Design und urbaner Produktion in der Wirtschaftsentwicklung durch das Regionalmanagement
  • Konzentration von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, insbesondere die HTW als „Magnet“ für junge, innovative Branchen und Unternehmen
  • Aufbau von vier Kernprojekten für Unternehmensentwicklung und -gründung (Technologie- und Gründerzentrum Spreeknie (TGS), Innovations- und Technologiezentrum für Industrie 4.0 und Digitalisierung, Zentrum für Textilwerkstatt, Innovationswerkstadt Schöneweide)
  • Einbindung der GrundstückseigentümerInnen in Arbeits- und Entwicklungsprozesse, um Leerstand und Verfall der Gebäude zu minimieren
  • Ausgeprägte und vernetzte Öffentlichkeitsarbeit

Fazit

Das Fallbeispiel zeigt, wie eine Reindustrialisierung eines Stadtteils mithilfe eines integrierten Regionalmanagements verwirklicht werden kann. Trotz aller bestehenden Herausforderungen, wie der mäßigen Erreichbarkeit oder der schwierigen Flächenverfügbarkeit, konnten zahlreiche Unternehmen aus Technologie und Kreativwirtschaft bei der Ansiedlung begleitet werden sowie ein neues Profil des Stadtteils etabliert werden. Die Aufgabe des Regionalmanagements Schöneweide wird langfristig sein, die entscheidenden Akteure für ein gemeinsames Ziel zu aktivieren, um somit einen urbanen Stadtteil sowie einen Ort für die urbane Produktion der Zukunft zu schaffen.

Autorinnen: Marleen Wilhelm, Theresa Heitmann, Kerstin Meyer, Institut Arbeit und Technik (14.05.2019)

Broschüren

Quellen

Regionalmanagement Berlin Schöneweide (2018): Berlin Schöneweide. Entwicklung eines profilierten Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes. Abgerufen von https://www.schoeneweide.com/wp-content/uploads/2018/09/RM-Sch%C3%B6neweide-2011-17.pdf