Blackhorse Workshop

Offene Werkstatt im Umbruch-Quartier

Steckbrief

Typ Urbaner Produktion: Handwerksbetrieb/Offene Werkstatt

Produkte: Schreinerarbeiten, Holzprodukte, Metallverarbeitung

Gründung: 2014

Gründer*innen: Architektur- und Designbüro Assemble

Beschäftigte: 7 Vollzeitäquivalente (VZÄ)

Standort: Halle mit Büros im OG + 7 Container auf Vorplatz in einem Neubaugebiet

Kontakt: info@blackhorseworkshop.co.uk
Tel.: +44 (0) 20 8531 1612

Website: http://www.blackhorseworkshop.co.uk/

 

Blackhorse Workshop

Ausgangslage im Stadtteil

Der Blackhorse Workshop (BHW) liegt im Londoner Bezirk Waltham Forest, nordöstlich der City of London. Aufgrund der Wohnungskrise in London wird vor allem in den Randbezirken von London Nachverdichtung in großem Maßstab betrieben. Deshalb ist der Bezirk entlang der Blackhorse Lane derzeit im Umbruch; dort entstehen viele neue Mehrfamilienhäuser anstelle ehemaliger Gewerbeflächen und Einfamilienhaussiedlungen. Das Regeneration Team der Greater London Authority (GLA) arbeitet im Interesse der „London Economic Action Partnership“ (LEAP), um ‚gutes‘ Wachstum (‚good growth‘), bezahlbare Wohnungen und Luftverbesserungsprojekte in London zu fördern. Städtische Investitionen sollen Wirtschaft und Soziales ermöglichen. Im Jahr 2014 ist dadurch das Projekt „Supporting London’s Workspaces“ mit dem Ziel Werkstätten zu erhalten sowie Wissen und Fähigkeiten der lokalen Bevölkerung zu fördern, entstanden. So wurde die Fläche des Blackhorse Workshops von der Stadt kostenlos zum Einrichten einer Offenen Werkstatt zur Verfügung gestellt.

Beginn des Blackhorse Workshops

Der Blackhorse Workshop wurde 2014 gegründet. Zunächst in einer Halle mit drei Räumen, wovon jeweils einer als offene Holzwerkstatt, offene Metallwerkstatt und Café diente, zusätzlich befinden sich im Obergeschoss Ateliers, die einzeln vermietet wurden. Vor der Halle wurde später ein weiteres Gebäude errichtet, um das Café auszulagern und zwei Büros inkl. Rezeption unterzubringen, und dafür einen Schulungsraum bzw. eine Holzlehrwerkstatt in der Halle unterbringen zu können. Aufgrund weiterer Anfragen wurden sieben Container auf dem Hof positioniert, die einzeln vermietet werden

Intention

Die Hauptziele des Blackhorse Workshop sind einerseits das niedrigschwellige und erschwingliche Angebot einer Holz- und Metallwerkstatt im Stadtteil und andererseits die Schaffung von Bildungsangeboten, um v.a. jungen Menschen handwerkliche Fähigkeiten zu vermitteln.

Hauptakteure

Die Organisationsform ist eine ‚Community interest company (CIC). Diese Unternehmensform wurde 2005 v.a. für soziale Unternehmen in Großbritannien eingeführt und entspricht in Teilen der deutschen gGmbH. Dadurch soll die Gründung von Unternehmen die der Gemeinschaft dienen und soziale oder ökologische Ziele verfolgen, vereinfacht, flexibler und sicherer werden.1

  • Derzeit arbeiten im Blackhorse Workshop sieben Personen jeweils mit eigenem Aufgabengebiet. So gibt es z.B. einen Techniker, einen Design Manager, eine Person für Organisation und Sekretariat (Telefonate annehmen, Kursan- und abmeldung, Paketannahme, Rezeption etc.), einen festen Workshopleiter. Viele Workshops werden auch von Freelancer übernommen, die über Honorar- oder Werkverträge angestellt werden.
  • Insgesamt gibt es fünf „Keyholder“, das sind Personen, die einen Schlüssel und damit Zugang zu den Werkstätten haben. Wenn ein Keyholder vor Ort ist, können auch andere Personen kommen und die Werkstätten nutzen. So ist es auch möglich sonntags zu arbeiten, vorausgesetzt die Tätigkeiten erzeugen keinen Lärm.
  • Nutzende sind überwiegend KMUs (kleine und mittlere Unternehmen/small and medium enterprises), Selbstständige, FreelancerInnen, KünstlerInnen und HobbywerkerInnen. Etwa 25 % der Nutzenden kommen dabei aus dem Viertel. Ein Großteil der Nutzenden kommt mit dem Fahrrad, einige auch mit dem Auto. Oft kommen Studierende während oder nach dem Studium für Projekte in den Blackhorse Workshop. Darunter sind viele, die in dem südlich gelegenen Stadtteil Hackney wohnen. Generell soll vermieden werden, die gesamten Räumlichkeiten gleichzeitig zu vermieten, da diese immer für alle Nutzenden zugänglich sein sollten. Dennoch wurden zweimal die gesamten Räumlichkeiten an größere Firmen bzw. Büros vermietet, die Projekte über zwei bis drei Wochen im BHW tätigten.
  • Bei den Kursen ist eine Teilnahme ab 16 Jahren erlaubt, eine Mitgliedschaft ist ab 18 Jahren möglich.

Unterstützungsstrukturen

Externe Unterstützung erhielt der BHW vor allem zu Beginn, durch den Stadtrat, der die Fläche zur Verfügung stellt und später die weiteren sieben Container vorfinanzierte. Weitere Fördermittelgeber waren die EU, Lottery Fund sowie der Big Issue Fund. Das aktuelle Projekt Atomic 50, das gemeinsam mit Schulen für Kinder von 7-11 Jahren durchgeführt wird, wird u.a. von Mayor of London, City of London, AirBnB, Lottery Fund, Arts Council England, Waltham Forest und der Paul Hamlyn Foundation unterstützt.

Das Tagesgeschäft wird vor allem durch Mieteinnahmen finanziert. Im Obergeschoss der Halle befinden sich Ateliers bzw. Büros. Die MieterInnen dieser dürfen die Werkstätten mitbenutzen, ohne dafür Extrakosten tätigen müssen. Lediglich eine Eintragung vorab ist notwendig, um Überschneidungen zu vermeiden. Außerdem werden seit 2019 die sieben Container für 500 Pfund im Monat nach dem gleichen Prinzip vermietet. Das Café (Mo-Fr 8.30-17.30; Sa 9.30-17.30; So 10-16.00) ist ebenfalls eingemietet und dient als Treffpunkt, wodurch es ein elementarer Baustein des BHWs ist. Auf dem Hof wurde zusätzlich ein Platz an einen Holzhändler vermietet, der dort ein Holzlager hat.

Als weitere Einnahmequellen dienen die Workshops und Kurse, die meist nicht über einen Tag hinausgehen. Nach den ‚Introduction‘-Kursen mit Level 1&2 dürfen die Räumlichkeiten eigenständig genutzt werden. Der Mitgliedsbeitrag für die regelmäßige Nutzung beträgt 216 Pfund im Monat.

Darüber hinaus finden Events wie bspw. Halloween, die Geburtstagsfeier des BHW oder ein Weihnachtsmarkt auf dem Gelände statt, worüber zusätzliche Einnahmen generiert und die Tore für die Nachbarschaft geöffnet werden. Teilweise werden dabei ein Eintritt oder Standgebühren verlangt. Dabei gilt jedoch auch der Grundsatz: „We try to keep it acceptable“.

Herausforderungen:

Die größte Herausforderung für den BHW ist es die Werkstatt und Workshops ganzjährig auszulasten um kontinuierlich Einnahmen zu generieren: v.a. in den Sommermonaten herrscht weniger Bedarf.
Durch die Etablierung der Container, sind viele MieterInnen aus dem Obergeschoss in diese umgezogen. Deshalb werden derzeit auch neue Mieter*inne für die Schreibtische und Ateliers im Obergeschoss gesucht. So ergab sich jedoch auch die Möglichkeit einer individuellen Förderung, indem ein Schreibtisch für sechs Monate kostenlos an jemanden vermietet wird, der sich die Miete nicht leisten könnte.

In Bezug auf das Netzwerk der Londoner Workspaces zeigt sich ein Rückgang der Zahl der Werkstätten, da sich einige finanziell nicht halten können.

Erfolgsbausteine

Die gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Offenen Werkstätten in London wird positiv herausgestellt. Da sich der BHW überwiegend für kleinere Holz- und Metallarbeiten anbietet, werden Anfragen bzgl. größerer Projekte z.B. an Building Bloqs weitergeleitet und umgekehrt.

In den letzten 1,5 Jahren kam es lediglich zu drei Beschwerden aufgrund von Lärm. Da der BHW im Viertel – im Gegensatz zur umliegenden Wohnbebauung – jedoch länger existiert, gilt die Londoner Regel „We were here first“, was bedeutet, dass der BHW – solange er sich innerhalb der erlaubten Lärmemissionswerte bewegt – nicht verdrängt werden kann.

Zudem bietet der BHW das einzige Café in der Nachbarschaft, was immer wieder neue Menschen anzieht und als Netzwerkplattform für die EinzelmieterInnen dient. Auch die Feste beim BHW erhöhen die Bindung der Nachbarschaft an die Offene Werkstatt.

Lessons Learned

Zur Eigen- bzw. Querfinanzierung einer Offenen Werkstatt sind AnkermieterInnen, die Schreibtische oder private Räumlichkeiten mieten sowie ein ausgereiftes Workshop-Programm, ein großer Vorteil. Auch ein Café als Gemeinschaftsraum und Treffpunkt ist zentral, um Netzwerke zwischen den MieterInnen, Nutzenden und der Nachbarschaft zu ermöglichen.

 

Autorin: Kerstin Meyer, Institut Arbeit und Technik (11.06.2019)

Quellen

Inhalte basieren auf einem Interview, dass am 07.05.2019 mit Julie Lee vom Blackhorse Workshop geführt wurde.

1https://www.uk.coop/the-hive/sites/default/files/uploads/attachments/resource-cic-ltdbyguarantee.pdf