Polsterei und Sattlerei Saman - Der vielseitige Handwerksbetrieb in Bochum

Die Ausgangslage

Mit der Gründung der Polsterei und Sattlerei Saman in Bochum, hat sich der Inhaber Ridvan Saman einen Kindheitswunsch erfüllt. Denn Saman erkannte bereits früh, dass ihm insbesondere das eigenverantwortliche und selbständige Arbeiten Freude bereitet. Auch die Begeisterung für seinen heutigen Berufszweig stammt noch aus seiner Kindheit, in der Saman beispielsweise den geübten Umgang mit einer Nähmaschine erlernte. Die Leidenschaft für die Weiterverarbeitung von unterschiedlichen Stoffen hat sich letztlich bis in das Berufsleben weiter fortgezogen. Nachdem sich Saman zunächst in seiner Heimatstadt Nusaybin (Türkei) und später in der türkischen Millionenstadt Istanbul vor allem mit der Pflege, der Weiterverarbeitung und dem Verkauf von Lederwaren beschäftigte, zog es ihn vor rund 22 Jahren nach Deutschland. Hier arbeitete Saman anfänglich in einer Sattlerei in Hattingen, bevor er sich vor acht Jahren mit einem kleinen Geschäft in der Kanalstraße in Bochum selbstständig machte. Mittlerweile hat Saman aus familiären Gründen den Standort gewechselt und bietet seine Waren und Dienstleistungen nun seit mehr als fünf Jahren an der aktuellen Adresse inmitten der Bochumer Innenstadt an.

Die Unternehmensgründung

Zunächst war die Unternehmensgründung der Polsterei und Sattlerei Saman ein Projekt von Ridvan Saman und seinem Bruder, sodass sich der finanzielle und zeitliche Aufwand anfangs auf beide Personen verteilt hat. Dabei wurde die Gründung zum Großteil aus den Ersparnissen der vorangegangenen Arbeitnehmertätigkeiten finanziert. Eine Unterstützung durch Fördermittel für Unternehmensgründungen wurde in diesem Zusammenhang nicht zur Hilfe genommen. Dies lag insbesondere an dem vielen „Papierkram“ und den fehlenden Kenntnissen des Inhabers im Bereich der Fördermittelakquise. „Ich habe anfangs versucht Fördermittel zu bekommen, aber ich bin über die bürokratischen Hürden gestolpert“, erklärte Saman. Auch die Unterstützung durch einen Berater hat nicht zum gewünschten Erfolg geführt, sodass der Gründer am Ende mit leeren Händen dastand. Eine transparentere Fördermittellandschaft und ergänzende Beratungsangebote wären laut Saman in diesem Kontext wichtig, um Gründungsinteressierten einen Einstieg in die Selbstständigkeit zu erleichtern.

Der Produktionsstandort

Die Polsterei und Sattlerei Saman befindet sich in einer kleinen Seitenstraße in unmittelbarer Nähe zur Bochumer Innenstadt und umfasst eine Gesamtfläche von ca. 150 m². Diese verteilt sich auf einen zentralen Werkstattbereich sowie eine daran angrenzende Garage im Erdgeschoss und weitere Lagerflächen im Untergeschoss der Immobilie. Dabei sind Größe und Lage für ein solches Unternehmen durchaus besonders, da Sattlerei- und Polstereibetriebe, aufgrund des hohen Platzbedarfes sowie der zahlreichen Zulieferverkehre oftmals in Gewerbe- und Industriegebieten außerhalb der Stadt angesiedelt sind. Dennoch hat sich Saman gezielt für seinen derzeitigen Unternehmensstandort entschieden, um einerseits die räumliche Verknüpfung zu zentralen Einrichtungen im Zentrum herzustellen und andererseits die dadurch vorhandene Laufkundschaft für seinen Betrieb zu nutzen. Die angemietete Immobilie, die Saman nunmehr seit über fünf Jahren als Produktionsstandort nutzt, stand vorher für viele Jahre leer und wurde in der Vergangenheit als Lagerraum einer Fastfood-Filiale verwendet. Aufgrund der Vornutzung und des langjährigen Leerstandes musste Saman vor der Eröffnung seines Betriebes viel Arbeitszeit und finanzielle Mittel für die Renovierung aufwenden. Beispielsweise wurde neben der Ausstattung des Innenbereiches eine Raumtrennung zwischen Lager- und Produktionsraum benötigt. Der mit dem Umbau verbundene Aufwand hat letztlich dazu geführt, dass Saman eine emotionale Verbindung zu seinem Produktionsstandort aufgebaut hat und für ihn somit auch eine Standortverlagerung nicht in Betracht kommt. „Ich habe in den Laden so viel Arbeit und Zeit gesteckt, dass ich mir aktuell nicht vorstellen kann diesen Standort aufzugeben“, betont der Inhaber. Hinzu kommt, dass Saman in direkter Nähe zum Standort wohnt und dadurch einerseits die Vorteile der guten Erreichbarkeit für sich nutzen kann und andererseits in Kontakt mit den umliegenden Anwohner*innen steht. Beschwerden über Lärm oder Zulieferverkehre gab es unter anderem aus diesem Grund bislang noch nicht. Zudem ist aus Samans Sicht die gegenseitige Rücksichtnahme eine zentrale Bedingung für das Gelingen Urbaner Produktion. Daher hat er bereits zu Beginn seiner Tätigkeit die Gerätschaften und die Arbeitsabläufe so optimiert, dass sie möglichst emissionsarm und in einem angemessenen Zeitraum ausgeführt werden.

Die Produkte

Die Polsterei und Sattlerei Saman bietet ein breites Spektrum an verschiedenen Reparatur-, Sattler- und Polsterarbeiten an. Das Leistungsportfolio reicht dabei von der Instandsetzung von Lederwaren über die Restauration antiker Möbelstücke bis hin zur gesamten Innenausstattung von Automobilen. Darüber hinaus bot Saman zu Beginn seiner Tätigkeit in Bochum weitere, teilweise außergewöhnliche Serviceleistungen wie beispielsweise die Bootssattlerei an. Dieses Angebot konnte sich langfristig allerdings nicht durchsetzen, da mit dieser speziellen Handwerkskunst durch die Anfertigung von Schablonen, den Transport und die Montage ein unverhältnismäßig hoher Zeit- und Kostenaufwand verbunden war. Dennoch veranschaulicht insbesondere das Beispiel der Bootssattlerei das weitgefasste Tätigkeitsfeld von Inhaber Ridvan Saman. „Ich bin durch meine unterschiedlichen Interessen und meine langjährige Berufserfahrung sehr vielseitig aufgestellt, sodass ich verschiedene Aufgabenbereiche abdecken kann“, erklärt Saman. Diese Vielseitigkeit ist aus seiner Sicht besonders bedeutsam, um das langfristige „Überleben“ eines kleinen, handwerklichen Betriebes in zentraler Lage zu sichern. Ein Großteil der Aufträge kommt bisher allerdings nicht direkt aus dem lokalen Umfeld, sondern vermehrt aus Süddeutschland oder sogar aus dem Ausland. Aktuell restauriert Saman beispielsweise einen Sessel für einen Kunden aus Brüssel. Auf der einen Seite bedauert Saman die geringe lokale Verbundenheit seines Ladenlokals, auf der anderen Seite freut er sich über die gute Resonanz und die überregionalen Kundenkontakte. Auch die Beschaffung von Ware aus der unmittelbaren Umgebung stellt für Saman eine Herausforderung dar. Zwar bezieht er einen Teil seiner Materialien aus Wattenscheid, der Großteil der insgesamt 30 zuliefernden Unternehmen stammt allerdings aus anderen Regionen in Deutschland. Die Umstellung der Zulieferstrukturen auf den lokalen Umkreis ist ein Ziel, welches Saman versucht in Zukunft umzusetzen.

Die Zukunft

Nach der Corona-Pandemie, die auch die Polsterei und Sattlerei Saman finanziell sehr getroffen hat, wünscht sich Ridvan Saman zunächst, dass sich seine Auftragslage weiter erholt und die Situation sich wieder normalisiert. Darüber hinaus erhofft sich Saman in Zukunft, dass die Aufmerksamkeit für lokal produzierte Güter innerhalb der Bevölkerung weiter steigt. „Es passiert zu oft, dass Güter oder auch Dienstleistungen genutzt werden, die weit vom Wohnort weg sind, obwohl sich nebenan ein Laden befindet, der genaue diese Produkte auch anbietet,“ schildert Saman. Hier wünsche er sich neue Ideen und Ansätze, wie die Aufmerksamkeit für lokale Unternehmen gesteigert werden kann. Neben den lokalen Kundenbeziehungen ist Saman auch eine stärkere Vernetzung der Unternehmen vor Ort wichtig. Denn er bedauert, dass viele Unternehmen in der näheren Umgebung nicht einmal wissen, was der unmittelbare Nachbar überhaupt produziert. Eine Vernetzung untereinander könnte aus seiner Sicht viele Vorteile mit sich bringen, auch wenn die Unternehmensausrichtungen grundsätzlich verschieden sind.

Fazit

Das Beispiel der Polsterei und Sattlerei Saman aus Bochum zeigt insbesondere, dass auch Branchen mit vergleichsweise hohem Platzbedarf und viel Zulieferverkehr an einem innerstädtischen Standort erfolgreich produzieren können und dass hieraus resultierende Herausforderungen beispielsweise bezüglich Lärmemissionen durch Kommunikation und gegenseitige Rücksichtnahme überwunden werden können. Die Vielseitigkeit von Inhaber Ridvan Saman und die Begeisterung für seinen Berufszweig sind weitere Faktoren, die zum Erfolg des urban produzierenden Unternehmens beitragen. „Jedes Objekt bekommt hier ein neues Gesicht und gerade das macht mich an meinem Handwerksberuf glücklich“, so Saman abschließend.

AutorInnen: Kai Heumann und Hanna Pfeifer der Hochschule Bochum 

Quellen:

Interview mit Ridvan Saman am 26.09.2021, geführt von Kai Heumann und Hanna Pfeifer der Hochschule Bochum