Le Champignon Urbain
Produktion von Pilzen in ehem. KircheSteckbrief
4 rue du Trépied, 44000 Nantes (Direktverkauf)
Fotos (C) Champignon Urbain
Le Champignon Urbain (Der Stadtpilz)
Ausgangssituation und Entwicklung:
Die Geschichte von Le Champignon Urbain begann mit der Idee von Philippe und Romain im Januar 2017: die Freunde wollten Pilze auf der Basis von Abfallprodukten wie bspw. Kaffeesatz herstellen. Schnell konnten sie erster Erfolge erzielen und mit Unterstützung des partizipativen Supermarktes Scopéli aus Rezé bei Nantes ab 2018 einen Raum anmieten und ihre Produktion erweitern – in dieser Phase stieß der dritte Gründer Camille zu dem Projekt. Um die Produktion weiter zu professionalisieren zogen von sie von Rezé nach Soriniéres, südlich von Nantes, auf das Gelände des Bauers Olivier Durand. Dort konnten sie auf etwa 20 qm, innerhalb des Jahres 2018 bereits 800 kg Pilze – insb. Austern-Pilze und Shiitake-Pilze – auf Blöcken aus Stroh, Kaffeesatz und Treber aus Brauereien produzieren, welche sie an lokale Supermärkte und Restaurants, auf lokalen Märkten oder an drei Tagen die Woche direkt am Produktionsort verkaufen. Geerntet wird jeden zweiten Tag. Die Lieferung der Pilze erfolgt dabei mit dem umweltfreundlichen Lastenrad. Ein weiterer Meilenstein für Le Champignon Urbain stellte der Wettbewerb „15 lieux à réinventer“ (15 Orte zur Neuerfindung) der Stadt Nantes dar (20 minutes 2018). In dessen Rahmen erhielten sie die Nutzungsrechte für die Räumlichkeiten der Chapelle Martray, nahe der Innenstadt von Nantes. Die Chapelle Martray ist eine seit fast 30 Jahren ungenutzte Kapelle mit etwa 200 qm Nutzfläche, die ab 2020 für die Pilz-Produktion genutzt werden soll. Auf etwa der Hälfte der Nutzfläche wird die Pilzproduktion stattfinden, während die andere Hälfte als Ort des Entdeckens mit Lern-Werkstätten für Interessierte und Kinder gestaltet wird (Ouest France 2018).
„Sich in einer Kirche niederlassen, das ist verrückt!“ freut sich Romain Redais. Es ist ein ungewöhnlicher Ort, der genau dadurch geeignet ist, um Neugierige anzuziehen. Die dicken Mauern bieten den Pflanzen die richtige kühle Temperatur und Schatten (Ouest France 2018).
Intention der Gründer:
Der Grundgedanke von Le Champignon Urbain besteht darin zu zeigen, dass qualitativ hochwertige Produkte lokal und mit geringen Umweltbelastungen (Kreislaufwirtschaft, Lieferung mit dem Lastenrad) produziert werden können. Es soll verdeutlicht werden, dass lokale Produkte oftmals viele Vorteile gegenüber importierten Lebensmitteln haben.
(Haupt-)Akteure:
Die Hauptakteure sind die drei Gründer und zugleich Beschäftigten von Le Champignon Urbain aus der französischen Stadt Nantes:
- Philippe Giraud (Verkauf)
- Camille Fay (Kommunikation)
- Romain Redais (Produktion)
Unterstützungsstruktur:
Le Champignon Urbain wurde 2017 als GAEC (Groupement Agricole d’Exploitation en Commun) gegründet, was einer landwirtschaftlichen Produktionsgemeinschaft entspricht. Eine klassische Finanzierung zur Professionalisierung der Produktion blieb den Gründern jedoch verwehrt, da Banken deren Idee als zu risikobehaftet ansahen. Umso relevanter war demzufolge die Finanzierung der Idee über die Crowdfunding-Plattform BlueBees.fr. Diese setzt sich für die Förderung von Projekten ein, die sich für eine nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung einsetzen. BlueBees.fr ermöglichte es darüber hinaus, die Popularität des Projekts zu erweitern und einen Austausch mit Interessierten zu initiieren (BlueBees 2020). Ebenfalls von großer Relevanz für die Entwicklung des Betriebs war der Wettbewerb „15 lieux à réinventer“ (15 Orte zur Neuerfindung) im Jahr 2018, welcher den Zugang zur Kapelle Martray und folglich die Produktionserweiterung ermöglichte.
Wettbewerb „15 lieux à réinventer“ (15 Orte zur Neuerfindung)
Die Stadt Nantes möchte 15 ungenutzte Flächen und Gebäude im Stadtgebiet durch innovative Ideen und Nutzungen wiederbeleben und dabei die Bürgerinnen und Bürger der Stadt einbinden. Diese konnten hierzu Nutzungen für ausgewählte Flächen und Gebäude vorschlagen und anschließend darüber abstimmen, welche dieser Nutzungen realisiert werden sollten.
Verfahren:
- Stadt benennt brachliegende Flächen und Gebäude, die „neu erfunden“ werden sollen und erstellt Steckbriefe dafür.
- Bürger*innen werden in einem öffentlichen Aufruf ermutigt Nutzungsideen und -konzepte zu entwickeln oder eigene Projekte für die Nutzung der Flächen/Räume einzureichen (z. B. Le Champignon Urbain für die Chapelle Martray).
- Parallel dazu finden öffentliche Begehungen und Führungen zu den einzelnen Orten statt.
- Stadt prüft Umsetzbarkeit der Vorschläge, streicht nicht realisierbare Vorschläge und dreht und veröffentlicht Videos und Beschreibungen der Projektinitiativen.
- Bürger*innen wählen ihre Favoriten für die Flächen und Gebäude
- Gewinner*innen können Flächen und Gebäude vom 25.06.2018 bis 31.12.2030 nutzen (Ville de Nantes, Nantes Métropole 2020).
Fazit:
Die noch recht junge Geschichte der Pilzzucht Le Champignon Urbain zeigt, dass es möglich ist qualitativ hochwertige, lokale Lebensmittel herzustellen die mit einer – insb. Im Vergleich zu importierten Lebensmitteln – geringen Umweltbelastung und einer starken Identifikation mit dem Produkt einhergehen. Zudem wird anhand dieses Fallbeispiels deutlich, dass brachliegenden Flächen und Gebäuden, wie bei der nun wieder genutzten Chapelle Martray, neues Leben eingehaucht und somit deren urbanes Erbe bewahrt werden kann.
Quellen:
20 minutes (2018): Nantes: Le vote est clos, les 14 lieux „à reinventer“ ont été attribués. Abgerufen von: https://www.20minutes.fr/nantes/2296599-20180626-nantes-vote-clos-14-lieux-reinventer-attribues (Zugriff: 29.01.2020)
BlueBees (2020): Faites pousser le Champignon Urbain! Abgerufen von https://bluebees.fr/fr/project/500-champignon-urbain (Zugriff: 29.01.2020)
Le Champignon Urbain (2020): Website Le Champignon Urbain. Abgerufen von https://www.lechampignonurbain.fr/ (Zugriff: 29.01.2020)
Nantes Métropole (2020): Dialog Citoyen. 15 lieux à réinventer: un projet d’agriculture urbaine insolite à la Chapelle du Martray. 23.01.2020. Abgerufen von https://dialoguecitoyen.metropole.nantes.fr/blog/15-lieux-a-reinventer-un-projet-dagriculture-urbaine-insolite-a-la-chapelle-du-martray (Zugriff: 29.01.2020)
Ouest France (2018): Insolite. „On cultivera des champigons à la chapelle du Martray à Nantes!“ https://amp.ouest-france.fr/pays-de-la-loire/nantes-44000/nantes-cultivera-des-champignons-la-chapelle-du-martray-5911235 (Zugriff: 29.01.2020)
Ouest France (2019): Nantes. Ils cultivent des champignons comestibles dans l’ancien Min. Abgerufen von https://www.ouest-france.fr/pays-de-la-loire/nantes-44000/nantes-ils-cultivent-des-champignons-comestibles-dans-l-ancien-min-d399d216-e45c-11e9-9c0e-318409bbb671 (Zugriff: 29.01.2020)
Ville de Nantes (2020): 15 lieux à réinventer avec les Nantais. Abgerufen von https://www.nantes.fr/15lieux (Zugriff: 29.01.2020)
Ville de Nantes; Nantes Métropole (2020): Dialog Citoyen. La vie des projets. Abgerufen von https://dialoguecitoyen.metropole.nantes.fr/project/15-lieux-a-reinventer-1/step/la-vie-des-projets (Zugriff: 29.01.2020)